Industrie 4.0 steht für eine Umbruchphase im produzierenden Sektor der entwickelten Volkswirtschaften. Leitbild der Industrie 4.0 ist eine hochautomatisierte und vernetzte industrielle Produktions- und Logistikkette. Dabei verschmelzen virtuelle und reale Prozesse auf der Basis sogenannter cyberphysischer Systeme. Dies ermöglicht eine hocheffiziente und hochflexible Produktion, die Kundenwünsche in Echtzeit integriert, sowie neue innovative Services und Geschäftsmodelle.
Die Industrie ist der Schlüsselfaktor für Export und Beschäftigung sowie die Basis für eine wertschöpfungsstarke Dienstleistung. Gerade Österreich zeigt ein klares Stärkefeld im engsten Bereich der Produktion mit einem BIP-Anteil von derzeit 19,5 Prozent (Wertschöpfung der Industrie am BIP (ohne Bauwesen), Durchschnitt EU-28 17,2 Prozent, Eurostat 2013). Der gesamte servoindustrielle Sektor – Sachgüterproduktion, Bau- und Energiewirtschaft sowie industrienahe und produktionsorientierte Dienstleistungen – generiert mit knapp 2,5 Millionen Beschäftigten eine Wertschöpfung von rund 160 Milliarden Euro, das sind etwa 60 Prozent der gesamten Wertschöpfung in Österreich. Um Wohlstand und Beschäftigung am Standort erhalten und ausbauen zu können, muss Österreichs die digitale Transformation und den damit verbundenen Strukturwandel proaktiv gestalten. Es ist keine Frage, ob Industrie 4.0 kommt, sondern wie es gelingt, dass Österreich davon bestmöglich profitiert. Die Digitalisierung eröffnet produzierenden Unternehmen ganz neue Möglichkeiten, Produkte und Lösungen schnell und effizient zu entwickeln und zu fertigen. Damit können die Produktivität gesteigert, Kosten gesenkt, Fehlerquoten minimiert und „time to market“ verringert werden. Industrie 4.0 bietet die Chance, durch Effizienzsteigerungen Produktion aus Niedriglohnländern zurück nach Europa zu holen und auch den Forschungs- und Innovationsstandort nachhaltig abzusichern. Gemäß einer Unternehmensbefragung von PricewaterhouseCoopers (PwC Industrie 4.0 in Österreich, 2015) über alle Branchen hinweg werden eine durchschnittliche Effizienzsteigerung von 3,7 Prozent p.a. sowie eine Reduktion der Herstellungskosten von 2,6 Prozent p.a. gesehen.
Über die unmittelbar wettbewerbsstärkenden Effekte durch Produktivitätssteigerungen hinaus besteht die Herausforderung vor allem aber auch darin, Produktinnovationen, innovative Serviceleistungen (u.a. durch individualisierte Lösungen) und innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln, um neue Wertschöpfungspotenziale zu heben und an dem Wachstumsmarkt der digitalen Transformation in Europa zu partizipieren. Dazu zählen Enabler-Technologien ebenso wie Dienstleistungen, wie z.B. die Entwicklung von cyberphysischen (Produktions-)Systemen, Big Data-Analytik, Cloud-Technologien, additiven Fertigungsverfahren wie 3D-Druckverfahren, Robotik, „intelligenten“ Werkstoffen, Verschlüsselungstechnologien etc.
Die Digitalisierung ist aus Sicht der Industrie alternativlos. Wesentlich ist es daher, aktiv zu gestalten, um nicht Doppelverlierer zu werden – keine neuen Wachstumsfelder und Rationalisierungsdruck bei angestammten Technologiefeldern. Roland Berger (Roland Berger, Die digitale Transformation der Industrie, 2015) erwartet, dass Europa bis 2025 entweder einen Zuwachs von 1,25 Billionen Euro an industrieller Bruttowertschöpfung erzielen, oder aber bei Versäumnissen auch einen Wertschöpfungsverlust von 605 Milliarden Euro erleiden könnte. Eine Ausweitung der Unternehmensbesteuerung wie etwa durch eine Wertschöpfungsabgabe wäre jedenfalls das falsche Signal und entspräche in der Realität einer Investitions- und damit Innovationsstrafsteuer.
Zukunftsorientierte Standortpolitik 4.0 muss aus Sicht der IV den Fokus auf folgende Schwerpunkte legen:
Chancen für Österreichs Industrie
Die PwC-Studie „Österreichs Industrie im Wandel“ prognostiziert, dass Österreichs Industrieunternehmen bis 2020 jährlich über vier Milliarden Euro in Industrie 4.0- Anwendungen investieren. Diese führen zu einer höheren Produktions- und Ressourceneffizienz. Erwartet werden 20 Prozent Effizienzsteigerung binnen fünf Jahren. Die Anzahl der hochdigitalisierten Unternehmen soll sich in den nächsten fünf Jahren mehr als verdreifachen. Digitalisierte Produkte und Services können zusätzlich knapp drei Milliarden Euro Umsatz pro Jahr für die österreichische Industrie erwirtschaften, so die Studie.
Der Verein „Industrie 4.0 Österreich – die Plattform für intelligente Produktion“ wurde 2015 gegründet. Das Ziel ist, die neuen technologischen Entwicklungen und Innovationen der Digitalisierung (Industrie 4.0) bestmöglich für Unternehmen und Beschäftigte zu nutzen und den Wandel für die Gesellschaft sozialverträglich zu gestalten.
Der Verein setzt Aktivitäten, um eine dynamische Entwicklung des österreichischen Produktionssektors zu sichern, Forschung, Innovation und Qualifikation zu forcieren, zu einer qualitätsvollen Arbeitswelt sowie zu einem hohen Beschäftigungsniveau beizutragen.
Arbeitsgruppen der Plattform
AG Pilotfabrik
AG Normen und Standards
AG F&E
AG Menschen in der digitalen Fabrik
AG Qualifizierung
AG Kommunikation
AG Regionale Strategien
Weitere Informationen unter : www.plattformindustrie40.at
BMVIT und BMWFW fördern F&E und Innovation von Industrie 4.0 (über FFG und AWS):
Die EU-Kommission hat am 19. April 2016 den neuen Fahrplan zu Industrie 4.0 veröffentlicht. Dieses „Technology-Package“ soll die Chancen der Digitalisierung insbesondere für Unternehmen in Europa greifbar machen und sicherstellen, dass damit ein Beitrag zu dem Ziel geleistet wird, den Anteil der Industrie an der Wertschöpfung in der EU auf 20 Prozent zu steigern. Insgesamt sollen 50 Milliarden Euro an öffentlichen und privaten Investitionen zur Digitalisierung generiert werden
Bestandteil dieses Paketes sind vier Mitteilungen zur Digitalisierung der Industrie, Entwicklung von gemeinsamen Standards (5G, Cloud Computing, Internet der Dinge, Mega-Data und Cyber-scurity), Entwicklung einer European Cloud sowie ein Aktionsplan zu online-Administration (e-government). Drei technische Dokumente wie z.B. zum "Internet der Dinge" begleiten diese Mitteilungen.
Zudem plant die EU-Kommission folgende drei legislative Vorschläge:
Pressemitteilung der EU-Kommission: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-1407_en.htm
Pressemitteilung von BUSINESSEUROPE: https://www.businesseurope.eu/publications/eu-industrial-digitalisation-strategy-just-time-act-now
Weitere Informationen finden Sie hier.
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