Von Krisen(erfolgs)rezepten

Gastkommentar von Rainer Nowak

Manchmal lernt man aus Krisen. Manchmal lernt man aus Erfolgen. Doch manchmal vergisst man die eigenen Erfolgsrezepte? Warum kam Österreich 2008 vergleichsweise gut aus der gewaltigen globalen Finanzkrise? 

Nein, es waren nicht nur die segensreichen Handlungen einer lokalen Regierung. Es war eine Tatsache: Österreich hatte noch immer eine echte Industrie. In vielen anderen Ländern wie Großbritannien und teils auch Frankreich war die Deindustrialisierung in den Jahrzehnten davor und der breite Umbau der Volkswirtschaften in Dienstleistungsgesellschaften als heimliches Erfolgsrezept verkauft worden: So sei man endlich unabhängig von Konjunktur und globalen Märkten. Deutschland und Österreich hatten zwar eine Bankenlandschaft, die mit und unter der Finanzkrise mitlitten und Staatshilfen brauchten. Doch die Industrie in den beiden Ländern lief robust. Und das Phänomen sollte sich wiederholen: Als die Pandemie das Leben still stellte, Menschen in den Lockdown zwang und den Dienstleistungsverkehr zum Erliegen brachte, war es wieder die Industrie, die rasch wieder ansprang und durchlief. Die die Wirtschaft einigermaßen am Brummen hielt. Und nun? Scheint das Rezept fast vergessen oder die Mittel dafür, es umzusetzen, zu fehlen. Die Konstellation aus Energiepreis- Explosion und (notwendiger) CO2- Reduktion könnten zu einem massiven Einbruch der Industrie führen. Langfristig noch schlimmer: Eine Verlagerung von Industrien und Arbeitsplätzen in Länder, die diese Probleme nicht oder kaum kennen könnte für viele Vorstände das Gebot der Notwendigkeit sein. Verantwortung für Mitarbeiter, Eigentümer und für das Überleben ihres Unternehmens könnte sie zu solchen Entscheidungen zwingen. Vielleicht sollte diese kleine Industriegeschichte der 2000er-Jahre den Regierungen kurz zu denken geben: Deindustrialisierung geht schnell, Reindustrialisierung dauert ewig.