Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte: Erleichterungen für Fachkräfte-Zuzug geplant

Der Begutachtungsentwurf berücksichtigt zentrale Empfehlungen der Industrie wie die Beschleunigung des Verfahrens und die Flexibilisierung beim Nachweis der Berufserfahrung. Wichtig ist nun die rasche Umsetzung. 

Der Krieg in der Ukraine sowie die In-flations- und Energiepreiskrise haben aktuelle Konjunkturprognosen nach unten einbrechen lassen. Dennoch bleibt die Nachfrage nach Fachkräften in Österreich – insbesondere in industriestarken Regionen – ungebrochen hoch: Im April waren beim AMS fast 129.000 offene Stellen gemeldet, davon mehr als 46.000 im produzierenden Sektor. Die AMS-Jobplattform „alle jobs“ weist sogar über 250.000 Jobangebote aus.

Für die Industrie ist klar: Einerseits gilt es, sämtliche Potenziale im Inland zu heben, etwa durch gezielte Aus- und Weiterbildung, Anreize, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu fördern, sowie die Ausweitung der Kinderbetreuungsangebote. Anderseits bleibt es ein Gebot der Stunde, internationale Fachkräfte für Österreich zu gewinnen. Der Blick auf die demografische Entwicklung verdeutlicht das: Die Statistik Austria prognostiziert einen Rückgang der Bevölkerung im Erwerbsalter zwischen 15 und 65 Jahren in den nächsten 30 Jahren um 4,8 Prozent.

Ein wichtiges Instrument ist die Rot-Weiß-Rot-Karte (RWR-Karte), die seit 2011 Fach-kräften aus sogenannten Drittstaaten, etwa Länder außerhalb der EU, den Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht. Allerdings kriti-sierten Unternehmen in der Vergangenheit bürokratische Hürden und unpraktikable Regeln, weshalb sich die IV intensiv für da-für eingesetzt hat, die RWR-Karte weiter-zuentwickeln und attraktiver zu gestalten. Das Ziel: die Erleichterung der Anwerbung qualifizierter Fach- und Schlüsselkräfte aus Drittstaaten. Vergangenes Jahr wurden etwas mehr als 3.500 RWR-Karten ausgestellt.

Schnellere und einfachere Verfahren

Geht es nach den Plänen der Regierung, sol-len Fachkräfte aus Drittstaaten in Österreich künftig einen deutlich einfacheren Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen. Ende April wurde ein entsprechender Gesetzestext zur Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte in Begutachtung geschickt. Darin finden sich zentrale Empfehlungen der Industrie, die sich dafür eingesetzt hat, dass Verfahren vereinfacht und schneller als bisher abgewickelt werden. Verbesserungen soll es etwa beim Punktesystem geben. Um die Rot-Weiß-Rot-Karte zu erhalten, müssen Antragsteller unterschied-licher Berufs- und Qualifikationsgruppen derzeit laut einer Liste von Voraussetzungen eine bestimmte Punktezahl erreichen. In Zukunft werden bei Mangelberufen Lehrab-schlüsse mit Universitätsabschlüssen punk-temäßig gleichgestellt. Es gibt gleiche Punkte für Englisch- wie für Deutschkenntnisse, wenn die Unternehmenssprache Englisch ist. Zudem wird die Berufserfahrung stärker angerechnet. Für Familienangehörige soll es künftig gemeinsame Verfahren geben.

Aus Sicht der IV ist der Gesetzesentwurf ein längst überfälliger Schritt in die richtige Richtung, um den Fachkräftemangel zu lin-dern, und stellt eine Chance für den Standort Österreich dar. Nun geht es darum, dass die neue RWR-Karte möglichst rasch in Kraft treten kann. Arbeitsminister Martin Kocher sprach bei der Präsentation vom 1. Jänner 2023 oder „vielleicht sogar im Herbst“. 

EINIGE GEPLANTE VERBESSERUNGEN AUF EINEN BLICK

  • Die Gehaltsgrenzen bei sonstigen Schlüsselkräften (einheitlich 50 Prozent der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage) und bei Studienabsolventen (gänzlicher Entfall) werden überarbeitet.
     
  • Der Antrag auf Rot-Weiß-Rot-Karte kann vom künftigen Arbeitgeber im Inland gemeinsam für die Fachkraft aus dem Ausland und deren Familie gestellt werden

  • Das Ersatzkraftverfahren bzw. die Arbeitsmarktprüfung soll zügig und bedarfsgerecht durchgeführt werden.

  • Englischkenntnisse werden aufgewertet, wenn die Unternehmenssprache Englisch ist.

  • Punktevergabe für Berufserfahrung erfolgt künftig pro Halbjahr (anstatt wie bisher pro Jahr).