Österreichs wichtigste Ressource für Standort und Umwelt

Wasser ist ein wesentlicher Produktions-, Standort- und Wettbewerbsfaktor für die österreichische Industrie. Mit einer tiefgreifenden Analyse zum „Standortfaktor Wasser“ wirft die Industriellenvereinigung ein Schlaglicht auf die heimische Wasserwirtschaft.

Österreich ist ein wasserreicher Standort. Ob als sauberes Trinkwasser für die heimische Bevölkerung, als Kühlwasser für die Industrie oder als Bestandteil der Energieerzeugung: Österreich genießt die Vorteile einer ausgezeichneten Wasserversorgung. Jedoch stellen klimabedingte Veränderungen auch den Wasserhaushalt in Österreich vor neue Herausforderungen. Aus diesem Grund hat sich die Industriellenvereinigung zu einer Neuauflage des Positionspapiers „Standortfaktor Wasser“ entschlossen – mit dem Ziel, die volkswirtschaftliche Bedeutung der Ressource Wasser hervorzuheben und die Auswirkungen auf die Industrie unter Berücksichtigung des Klimawandels darzustellen.

Wasser in der Industrie

Die gute Nachricht: Der Wasserhaushalt Österreichs wird sich bis 2050 nicht wesentlich verändern. Derzeit entfallen rund 70 Prozent des heimischen Wasserbedarfs auf die Industrie, wobei der tatsächliche Verbrauch aufgrund einer effizienten Kreislaufführung im einstelligen Prozentbereich liegt. Die industrielle Nachfrage nach dieser Ressource wird sich in den nächsten 25 Jahren nicht wesentlich ändern. In den Sektoren Landwirtschaft, Dienstleistungen sowie Wasserversorgung wird mit einem steigenden Bedarf gerechnet. Ein bewusster und verantwortungsvoller Umgang mit der Ressource Wasser ist daher wichtiger denn je. Dazu gehören auch Maßnahmen, die die Verbraucherinnen und Verbraucher zu einem sorgsamen Umgang mit Wasser motivieren, damit auch die Bevölkerung einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Wasserversorgung in Trockenperioden leisten kann.

Volkswirtschaftliche Bedeutung

Wasser hat in Österreich auch wirtschaftlich eine große Bedeutung: Die Wasserwirtschaft hat mit 454.000 Beschäftigten und einem Produktionswert von 122 Mrd. Euro volkswirtschaftlich ein Gewicht, das mehr als 16 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung entspricht. Die Industrie ist daher bestrebt, die Versorgungssicherheit in Österreich auch für die kommenden Jahrzehnte zu gewährleisten. Dazu sind in der Wasserpolitik in Österreich, aber auch auf EU-Ebene strategische Weichenstellungen notwendig.

Notwendige Maßnahmen

„Österreich ist bereits gut auf die Herausforderungen durch die Auswirkungen des Klimawandels auf die Ressource Wasser vorbereitet und für die Zukunft gewappnet. Wasser ist auch eine zentrale Säule auf dem Weg zur Dekarbonisierung unseres Wirtschaftsstandorts. Um die Potenziale weiter zu heben, braucht es rasche Genehmigungsverfahren für standortrelevante Projekte – so gewinnen Standort und Umwelt“, sagt Georg Schöppl, Vorstandssprecher der Österreichischen Bundesforste und Leiter der IV-Fokusgruppe Wasser. Insbesondere die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für den Bau und die Instandhaltung von Wasserkraftwerken seien zentrale Forderungen. Die Industriellenvereinigung positioniert sich für die Versorgungssicherheit und Leistbarkeit der Ressource und dafür, dass die nachhaltige Verfügbarkeit von Wasser auch in Zukunft sichergestellt werden kann. „Um den Fortbestand dieser wertvollen Ressource auch in Zukunft zu garantieren, müssen wir nun die entsprechenden Weichen stellen. Unter anderem braucht es auf europäischer Ebene einen Blue Transition Fund, um Investitionen in die europäische Wasserversorgung zu bündeln und die Kräfte zu fokussieren“, erklärt Schöppl weiter. Der Blue Transition Fund soll auf EU-Ebene als zentrale Anlaufstelle für Wasserinvestitionen dienen, zudem soll er Unterstützung für widerstandsfähige Infrastruktur und nachhaltiges Wassermanagement sowie für die Forschung zu bzw. Einführung von wassereffizienten Technologien bieten. So sollen Investitionen den Erhalt und Ausbau der Infrastruktur in der gesamten EU fördern.

Entlastung des Trinkwasserverbrauchs 

Doch nicht nur die quantitative Verfügbarkeit, sondern auch die Qualität des Wassers ist für die heimische Bevölkerung und die produzierende Industrie von großer Bedeutung. Die Industrie fordert daher Investitionen in die Sanierung und das Monitoring der Wasserversorgungssysteme, um die Wasserqualität auch in Zukunft auf hohem Niveau zu halten. Nach wie vor wird in Österreich Trinkwasser zum Autowaschen, Rasensprengen oder auch für die Toilettenspülung verwendet – um den Trinkwasserverbrauch in diesen Bereichen zu reduzieren, fordert die Industriellenvereinigung unter anderem effektive Systeme für ein verstärktes Regenwassermanagement.

„Rund 30 Prozent der EU-Bevölkerung waren in den letzten Jahren von einer angespannten Wasserversorgungslage betroffen. Als Industrie bekennen wir uns klar zu einer nachhaltigen Nutzung der wertvollen Ressource Wasser. Die kostengünstige und sichere Verfügbarkeit der Ressource Wasser ist imperativ für den Produktionsstandort Österreich, zentraler Standortvorteil und unabdingbar für die Erreichung ambitionierter Klimaziele“, hält Peter Koren, IV-Vizegeneralsekretär, fest.

Foto: IV


Foto: Lukas-Beck

Interview mit Georg Schöppl


Vorstandssprecher der Österreichischen
Bundesforste und Leiter der IV-Fokusgruppe Wasser


Warum ist die Ressource Wasser nicht nur für die Bevölkerung, sondern insbesondere für den heimischen Industriestandort von Bedeutung?
Georg Schöppl: In Österreich denken wir bei Wasser sofort an unser ausgezeichnetes Trinkwasser. Die Qualitäten dieser Ressource gehen aber weit darüber hinaus und sind für die Industrie ein entscheidender Standortvorteil: ohne Wasser kein Strom, kein Stahl, keine Mikroelektronik, keine Chemie, kein Papier und viele andere Produkte aus zahlreichen Industriesektoren. Wir haben in Österreich viel Wasser, und das in ausgezeichneter Qualität – für den produzierenden Bereich ist es essenziell, dass das so bleibt. Die Industrie arbeitet deshalb intensiv an einem sauberen, nachhaltigen und effizienten Wasserkreislauf. Wir sehen immer stärker den Impact des Klimawandels auf die Ressource Wasser, und deshalb ist es jetzt bedeutend, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Immer öfter treten Extremwetterereignisse in den Vordergrund der medialen Berichterstattung. Wie viel Wasser haben wir in Österreich und wofür nutzen wir das nasse Element?
In Österreich machen einzelne Gewässer regelmäßig mit besonders niedrigen Pegelständen Schlagzeilen. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass dem Land das Wasser ausgeht. Im Gegenteil: Österreich ist und bleibt ein wasserreicher Standort. Die Verfügbarkeit von Wasser hängt aber von vielen Variablen ab und kann sich regional und nach Jahreszeit stark unterscheiden. Für besonders betroffene Regionen und auch für relevante kritische Infrastrukturen müssen entsprechende Vorsorgemaßnahmen evaluiert werden. Im produzierenden Bereich wird der Wasserbedarf bis 2050 ungefähr gleich bleiben, dafür steigt er in den Sektoren Landwirtschaft, Dienstleistungen und Wasserversorgung. Ein bewusster und verantwortungsvoller Umgang mit der Ressource Wasser ist daher wichtiger denn je.

Im aktuellen Paper der IV ist immer wieder die Rede vom „Standortfaktor Wasser“. Was macht diese Ressource für Unternehmen so attraktiv?
Wasser ist in nahezu allen industriellen Sektoren ein wesentlicher Produktionsfaktor – denken Sie nur an die Kühlung bei der Stahlerzeugung und andere Produktionen, bei denen hohe Temperaturen nötig sind. Wenn diese Ressource kosteneffizient, rechtssicher und planbar verfügbar ist, ist das ein wichtiger Wettbewerbsvorteil. Wenn es um Neuansiedlungen oder Betriebserweiterungen geht, kann das ein entscheidender Faktor sein.

Was braucht es aus Sicht der heimischen Industrie, um die Ressource Wasser weiterhin nachhaltig am Standort nutzbar zu halten?
Wir müssen uns verstärkt mit den Auswirkungen des Klimawandels auf die Ressource Wasser auseinandersetzen und für die Zukunft planen. Für die produzierende Industrie sind Themen wie Rechtssicherheit, Verfügbarkeit, aber auch Hochwasserschutz wichtig. Für Wasserkraft, den größten Pfeiler der heimischen Stromproduktion, braucht es schnellere Genehmigungsverfahren. Um die Wasserversorgung langfristig abzusichern, muss die Sanierungsquote höher sein und die Infrastruktur modernisiert und ausgebaut werden. Und nicht zuletzt: Österreich produziert international gefragte Wassertechnologie – mit einer Exportoffensive könnten wir am Weltmarkt noch erfolgreicher sein.






Die Broschüre STANDORTFAKTOR WASSER finden Sie hier.

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