Illustration einer Künstlichen Intellilgenz

Künstliche Intelligenz: „Chancen erkennenund in Geschäftsmodelle übersetzen“

Universitätsprofessor und KI-Experte Nikolaus Forgó spricht im Interview über die schwierige europäische Einigung zum AI Act und darüber, welche konkreten Schritte nun in Österreich notwendig sind.

Nach intensiven Verhandlungen konnte auf europäischer Ebene eine vorläufige Einigung zum AI Act erzielt werden. Wie bewerten Sie den Kompromiss zwischen notwendiger Regulierung von KI und innovativer Freiheit?

Nikolaus Forgó: Für eine Bewertung ist es noch zu früh. Es wurde eine politische Einigung erzielt, der konkrete Text wird aber noch verhandelt und ist öffentlich nicht bekannt. Es gab erheblichen politischen Druck, diese Einigung noch im Dezember zustande zu bringen. Dahinter stehen externe Faktoren, insbesondere die Europawahl und das Ende der spanischen Ratspräsidentschaft, die mit dem konkreten Vorhaben nur sehr mittelbar etwas zu tun haben. Ein solcher Druck – der sich auch in einem 30-stündigen Verhandlungsmarathon äußerte – führt erfahrungsgemäß zu Kompromissen in Form eines „agree to disagree“; die heiklen Entscheidungen werden an die Kommission oder einen technischen Entscheidungsvorgang oder die Mitgliedstaaten delegiert.

Ist es überhaupt möglich, eine zielgenaue Regulierung einer sich so rasch entwickelnden Materie zu schaffen?

Das ist eine große Herausforderung. Wir haben schon im Gesetzgebungsprozess zum AI Act gesehen, dass der Entwurf der Kommission auf das plötzliche Auftreten von Large Language Models wie ChatGPT nicht gut vorbereitet war. Da solche explosionsartigen Entwicklungen schlecht vorhersehbar sind, ist es schwierig, diese regulatorisch zu erfassen.

Wo sehen Sie das größte Potenzial des AI Acts für Europa?

Es ist immerhin eine gemeinsame europäische Regelung. Sie schafft Bewusstsein für das Thema und kann – vielleicht – einige Risiken und unerwünschte Effekte der Technologie mildern.

Welche konkreten Schritte braucht es von staatlicher Seite, um die Anwendung in Österreich zu gewährleisten?

Es werden Umsetzungsschritte insbesondere in der Behördenstruktur erforderlich sein. Es ist zu hoffen, dass nicht noch eine weitere Behörde geschaffen wird, sondern dass Synergien geschaffen, Kompetenzen vernetzt und innovationsfreundliche Zugänge gefunden werden.

Was raten Sie Unternehmen, um den Vorgaben entsprechen zu können?

Sich vorbereiten auf das, was kommt. Einfluss nehmen darauf, dass die Verwaltung hilft und nicht behindert. Die großen Chancen und nicht nur die Risiken der Technologie erkennen und diese in Geschäftsmodelle übersetzen.

Portrait von Nikolaus Forgó
Foto: Rainer Schoditsch

Zur Person:

Nikolaus Forgó ist Professor für Technologie- und Immaterialgüterrecht an der Universität Wien und Mitglied des neu gegründeten AI Advisory Boards der Bundesregierung.