Wie sich der Krieg in der Ukraine auf die Industrie auswirkt

Welche Effekte die EU-Russland-Sanktionen auf die Industrie haben und warum der tatsächliche Schaden noch nicht abschätzbar ist.

Der furchtbare Krieg in der Ukraine bedeutet nicht nur für die europäische Sicherheitsarchitektur eine Zäsur. Auch die international vernetzte Wirtschaft ist von den Auswirkungen des militärischen Konflikts in unterschiedlichen Dimensionen massiv betroffen. Wie stark, naturgemäß vom Grad der Verflechtung ab. Für Österreich ergibt sich dabei ein ambivalentes Bild.

Als zweitgrößter Investor ist Russland bedeutender Wirtschaftspartner, 650 heimische Unternehmen führen Niederlassungen im größten Land der Erde. Zu den rot-weiß-roten Lieferungen zählen bisher Maschinen und Anlagen, Pharmaerzeugnisse oder Lebensmittel. Umgekehrt importiert Österreich Gas, Öl und weitere Rohstoffe. In der Ukraine wiederum sind heimische Betriebe der sechstgrößte Auslandsinvestor und mit 200 Niederlassungen vertreten. Mit 190 Millionen Menschen sind beide Länder schon wegen ihrer Größe ein interessanter Markt. Dabei darf allerdings nicht das geringe ökonomische Gewicht beider Staaten übersehen werden: Trotz seiner 145 Millionen Einwohner liegt Russland beim globalen Vergleich der Wirtschaftsleistung (BIP) nur auf Rang 11 und damit zwischen Südkorea und Spanien. Die Ukraine reiht sich mit Rang 54 deutlich hinter Österreich (28) ein.

Sinkende Nachfrage & Investitionen

Die ersten Sanktionen treffen vorwiegend die russischen Verantwortlichen und Staatsunternehmen – sowie in überschaubarem Ausmaß europäische und österreichische Betriebe. Der Schaden für die Industrie entsteht direkt durch einzelne Sanktionen, wie etwa Exportverbote für Hightech-Produkte. Die IV wies zudem auf die gravierenden indirekten Auswirkungen hin: Konkrete Beispiele dafür sind die sinkende Nachfrage, auf den Prüfstand gestellte Investitionen bis hin zu Unterbrechungen von Lieferketten, die bereits sehr früh zu Produktionsausfällen geführt haben. Wie weit die Sanktionsschraube gedreht wird, war bis Redaktionsschluss der aktuellen Ausgabe der „iv-positionen“ nicht absehbar. In der ORF-Diskussionssendung „Im Zentrum“ stellte IV-Präsident Georg Knill klar, dass Europa geschlossen gegen die Aggression auftreten müsse und alle sinnvollen Instrumente genutzt werden sollten, um Frieden herstellen. Dabei betonte er aber auch, dass die Maßnahmen sehr schmerzhaft für zahlreiche Unternehmen in Österreich seien. Entscheidend sei, dass trotz der Einschränkungen die Industrie am Laufen bleibe – schon im Interesse der Versorgungssicherheit im Land. Die IV sprach sich daher Anfang März deutlich gegen ein Gas-Embargo aus. Denn Österreich braucht diesen Energieträger, um Produktion, Beschäftigung und Wohlstand zu sichern (siehe Bericht auf Seite 4).

Wie wirken Sanktionen gegen Russland und helfen sie dabei, politische Ziele zu erreichen? Erste Schätzungen sprechen von einem Sinken der Wirtschaftsleistung um zehn bis 20 Prozent. Aktuell verhängt sind Finanzsanktionen, mit der die Finanzierung Russlands auf den internationalen Kapitalmärkten erschwert werden soll. Das Ziel ist, durch die Sperrung des EU-Luftraums und erschwerter Visa-Vergaben das größte Land der Erde international zu isolieren. Auch wenn auf Sicht die Beziehungen zu Moskau von diesem Krieg geprägt sein werden, darf die Brücke zum russischen Volk jedoch nicht zerschlagen werden.