Europaflagge löst sich in ein Landschaftsbild mit Windrad auf

EU-Klimaziel: Verschärfung sendet falsches Signal für europäischen Standort

Je ambitionierter die Klimaziele, desto umfassender müssen die europäische Industriepolitik und die damit einher- gehenden Maßnahmen sein – wovon bei der bisherigen Umsetzung des Green Deals nicht die Rede sein konnte.

Wenige Monate vor der EU-Wahl präsentierte die noch amtierende Europäische Kommission am 6. Februar ein neues Klimaziel-Communiqué, das eine substantielle Verschärfung der bisherigen Ziele vorschlägt. Die EU-Kommission möchte die Reduktion von Treibhausgasemissionen um 90% bis zum Jahr 2040 gegenüber 1990 festschreiben. Allerdings wirft die Kommunikation und das knapp 600-seitige Impact Assessment aus Sicht der Industrie mehr Fragen auf, als es Antworten liefert. Besonders aus österreichischer Sicht ist das Ziel kritisch zu sehen, da Österreich bereits vom Erreichen des bestehenden Ziels bis 2030 weit entfernt ist. Der Entwurf des Nationalen Energie- und Klimaplans (NEKP) weist gegenüber dem nationalen Ziel von minus 48% bis 2030 (gegenüber 2005) ein Defizit von 13 Prozentpunkten auf. Auch gesamteuropäisch ist fragwürdig, ob das Ziel bis 2030 erreicht werden kann.

Die zu Ende gehende Kommissionsperiode hat im Rahmen des Green Deals vor allem mehr Bürokratie und weniger Wettbewerbsfähigkeit gebracht. Über 800 Gesetze, Richtlinien und Vorschriften wurden in den letzten fünf Jahren beschlossen. Die Ankündigung der Europäischen Kommission sollte zum Anlass genommen werden, ein Jahrzehnt des Bürokratieabbaus einzuleiten und die Umsetzung all dieser Vorschriften zu ermöglichen. Klimapolitische Ansätze müssen auf ihre Effektivität evaluiert werden, um den europäischen Standort zu entlasten und ambitionierte Klimaziele für 2030, 2040 und 2050 erreichen zu können. Die neue Zielverschärfung wird erneut erhebliche Auswirkungen auf sämtliche Subziele und Maßnahmen mit neuen Vorgaben für sämtliche Sektoren der Volkswirtschaft haben, erhöht den Druck auf den Standort Europa, insbesondere auf die energieintensive Industrie, und verstärkt die Gefahr von Carbon und Investment Leakage.

Die europäische Klimapolitik muss von einer ehrgeizigen Industriepolitik begleitet werden, um die Wettbewerbsfähigkeit am europäischen Standort auf dem Weg zur Klimaneutralität zu wahren. Effektiver Klimaschutz erfordert die Bewahrung der Wettbewerbsfähigkeit. Es braucht ein Bürokratiemoratorium und konkrete Strategien zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Europa. Nur so kann die Transformation gelingen und Europa eine globale Vorreiterrolle einnehmen. Andernfalls droht Europa weiter ins Hintertreffen zu geraten, zum Leidwesen von Wohlstand und globalem Klima.

Sophia Yehdegho MSc.
Industriellenvereinigung Brüssel
Maximilian Mauthe MSc.
Klima, Infrastruktur, Transport, Ressourcen & Energie, Experte, Industriellenvereinigung