Wir erleben die längste Rezession der Industrie in der Geschichte Österreichs, der Ausblick ist weiterhin pessimistisch. Was sind aktuell die größten Probleme der Industriebetriebe im Land?
Die heimische Industrie befindet sich bereits im dritten Jahr der Rezession. Grund dafür sind vor allem die im internationalen Vergleich schlechten Rahmenbedingungen, die uns vom weltweiten Wettbewerb entkoppeln. Kurz gesagt: Wir sind zu teuer. Das liegt konkret an einer zu hohen Steuer- und Abgabenquote – der vierthöchsten in Europa. Aber auch die Arbeitskosten sind in unserer Branche Elektro- und Elektronikindustrie in den letzten drei Jahren um knapp 30 Prozent gestiegen. In Kombination mit den hohen Energiepreisen ist das ein Cocktail mit Hangover-Garantie.
Die neue Bundesregierung muss sich der Konjunkturentwicklung annehmen. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Punkte, die angegangen werden müssten?
Aus Sicht der Industrie gibt es drei Punkte, die mittelfristig wesentlich sind: Erstens braucht es eine Senkung der Kosten auf Arbeit, damit die Lohnstückkosten runtergehen. Zweitens müssen die Energiekosten wieder deutlich sinken. Drittens müssen wir mit der Bürokratie runter. All das trägt dazu bei, uns wieder auf Kurs zu bringen, und schafft Spielräume für Investitionen in Innovationen und Bildung, die wir dringend brauchen, um auch wichtige Bereiche der Hochtechnologie in Österreich halten und weiter stärken zu können.
Ein großes Problem ist die schlechte Stimmung im Land – die Konjunkturprognosen bleiben verhalten, die Privathaushalte sind immer noch zurückhaltend beim Konsum. Was muss getan werden, dass sich die Stimmung wieder dreht?
Die politischen Verantwortlichen müssen die großen und drängenden Reformen nun konsequent angehen. Das reicht von einer Senkung der Steuerquote auf 40 Prozent bis 2030 über die Senkung der Lohnnebenkosten bis hin zum Zurückfahren des „Vollkasko-Staats“. Strukturreformen braucht es aber auch im Sinne von Anreizen für längeres Arbeiten und stärkere Erwerbsbeteiligung von Frauen. Besonders auch im Gesundheits- und Pensionsbereich braucht es Reformen. Kontinuierlich daran zu arbeiten, sich zu verbessern, sich an neue Gegebenheiten anzupassen sowie Chancen zu erarbeiten und diese zu nutzen, das tun wir als Unternehmen zusammen mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern tagtäglich.
Die neue EU-Kommission will die Wettbewerbsfähigkeit der Union stärken. Was sind die wichtigsten Punkte?
Die angekündigten Maßnahmen des Competitiveness Compass gehen in die richtige Richtung. Vor allem der Clean Industrial Deal, der Dekarbonisierungsmaßnahmen stärker mit wettbewerbs- und wirtschaftspolitischen Zielen verknüpft, ist ein wesentlicher Erfolg – dafür haben wir uns als Industrie jahrelang eingesetzt. Gerade angesichts der teils erfolgreichen Drohgebärden von US-Präsident Donald Trump muss sich Europa schnell auf eigene Beine stellen und seine Interessen selbstbewusst vertreten. Unser mächtigstes Instrument in Europa sind der echte gemeinsame Binnenmarkt, der digitale Binnenmarkt und die Kapitalmarktunion, das muss rasch realisiert werden. Die EU muss mit klugen Handelsabkommen auch weiter neue Märkte erschließen. Hier sind bereits Fortschritte zu sehen. Darüber hinaus ist das Thema Entbürokratisierung auf europäischer Ebene extrem wichtig.