Österreich braucht Mut zu strukturellen Reformen – Dänemark zeigt, was möglich ist

IV-Präsident Knill und Generalsekretär Neumayer fordern klare Schritte für Strukturreformen – Wettbewerbsfähigkeit durch entschlossenes Handeln sichern

18.6.2025

Anlässlich der ersten 100 Tage der Bundesregierung vergangene Woche fordert die Industriellenvereinigung (IV) entschlossenes Handeln ein: Österreich müsse jetzt das „Reformmomentum“ nutzen und strukturelle Themen konsequent und mutig angehen. „Wir sehen erste Schritte in die richtige Richtung bei der Budgetsanierung, diese können jedoch nur der Auftakt sein“, betont IV-Präsident Georg Knill. „Österreich steht in einem intensiven globalen Standortwettbewerb. Gute Absichten reichen nicht – ausschlaggebend sind Reformfähigkeit und Umsetzungskraft“, erklärt Knill. „Während Österreich im aktuellen IMD-Wettbewerbsfähigkeitsranking auf Rang 26 liegt, befindet sich Dänemark seit Jahren unter den führenden Ländern. Das zeigt: Es braucht strukturelle Veränderung, wenn wir langfristig wettbewerbsfähig bleiben wollen.

Pensionen: Tragfähigkeit durch Systemreform sichern

Die IV verweist insbesondere auf vergleichende Analysen zwischen Österreich und Dänemark, die zahlreiche strukturelle Unterschiede aufzeigen. So macht etwa das dänische Pensionssystem mit einem Drei-Säulen-Modell aus steuerfinanzierter Grundrente und starke Kapitaldeckung deutlich, wie langfristige Entlastung des Staatshaushalts erreicht werden kann. In Österreich dagegen beruhen die Pensionsausgaben weiterhin fast ausschließlich auf dem umlagefinanzierten System. „Wir brauchen eine ehrliche Debatte über unser Pensionssystem. Derzeit gibt Österreich 13,3 % seiner Wirtschaftsleistung für Pensionen aus – in Dänemark sind es nur rund 9,3 %. Warum? Weil man dort rechtzeitig auf ein mehrsäuliges System umgestellt und das gesetzliche Antrittsalter an die Lebenserwartung gekoppelt hat. Wer auch in Zukunft verlässlich absichern will, braucht jetzt strukturelle Reformen statt Scheindebatten. Unser Ziel muss sein, das Pensionssystem langfristig tragfähig zu gestalten, durch eine Anhebung des gesetzlichen und faktischen Antrittsalters, Anreizmodelle für längeres Arbeiten sowie eine Stärkung der kapitalgedeckten Vorsorge.“

Arbeitszeitvolumen stärken: Kinderbetreuung als Schlüssel

Darüber hinaus betont Knill die Bedeutung von Arbeitszeitentwicklung, während in Österreich die Zahl der Beschäftigen stetig steigt, so stagniert das Gesamtvolumen der Arbeitszeit. Ein Grund dafür ist die hohe Teilzeitquote in Österreich, besonders bei Eltern mit kleinen Kindern. Eine Stellschraube kann der Ausbau einer flächendeckenden Kinderbetreuung sein, so ist die Betreuungsquote von Kindern unter drei Jahren in Dänemark bei rund 67 %, in Österreich lediglich bei 27 %. Die Teilzeitquote von Müttern mit Kleinkindern beträgt in Österreich 71 %, in Dänemark hingegen nur 23 %. „Wer das Fachkräftepotenzial wirklich ausschöpfen will, muss Kinderbetreuung strukturell und flächendeckend ausbauen. Das ist kein sozialpolitisches Thema, sondern eine standort- und wirtschaftspolitische Notwendigkeit“, so Knill.

Schlanke Strukturen und digitale Verwaltung als Standortvorteil

IV-Generalsekretär Christoph Neumayer unterstreicht, dass strukturelle Effizienz auch in der Staatsorganisation und Verwaltung notwendig sei. „Dänemark hat 2007 seine Verwaltung neu gegliedert und seither die Staatsausgabenquote deutlich gesenkt – von über 58 % auf 46,8 % des BIP. Österreich liegt weiterhin bei über 52 %.“

Als Ursache nennt Neumayer komplexe Zuständigkeitsverteilungen und Mehrfachstrukturen: „Während Dänemark mit fünf Regionen und 98 Kommunen operiert, verwaltet Österreich mehr als 2.000 Gemeinden, 94 Bezirke und neun Länder – vielfach mit überlappenden Zuständigkeiten und hohem Mitteleinsatz. Es geht nicht darum, bestehende Strukturen infrage zu stellen, sondern um eine konsequente Effizienzprüfung und Digitalisierungsoffensive.“

Die Digitalisierung sei dabei nicht nur ein Modernisierungsthema, sondern ein klarer Wettbewerbsfaktor. „Dänemark ist europaweit führend in der digitalen Verwaltung. Mit einem einheitlichen Zugangssystem (MitID), durchgängiger digitaler Kommunikation und Plattformen ist der Behördenkontakt für Unternehmen und Bürger einfach, schnell und kosteneffizient“, so Neumayer.

Österreich braucht Reformmut und Orientierung an Best Practice

Abschließend betont Knill: „Dänemark ist kein Idealbild, kann uns aber Vorbild in zahlreichen Fällen sein und zeigt, dass Mut zur Reform zu mehr Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand führt. Österreich hat das Potenzial, an der Spitze mitzuspielen – jetzt ist die Zeit die Weichen dafür zu stellen.“