Europapolitik

Emissionshandel und CBAM: Carbon Leakage Schutz muss aufrechterhalten bleiben

IV-GS Neumayer: Mit vorliegendem Entwurf kaufen wir die Katze im Sack – Bis 2035 Mehrbelastung von 8,9 Mrd. Euro für heimische Volkswirtschaft und entsprechende Arbeitsplatzverluste 

Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments stimmt heute über zwei höchst relevante, miteinander verschränkte Dossiers ab. Zum einen über den CO2-Grenzausgleichsmechanismus und zum anderen über das Emissionshandelssystem ETS. Angesichts der zur Abstimmung stehenden Optionen zeigt sich die heimische Industrie besorgt: „Die anstehenden Entscheidungen in diesen beiden Materien können massive Auswirkungen auf die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie haben. Auf Grund der Wirtschafts- und Industriestruktur, mit einem hohen Anteil an energie- und exportintensiven Unternehmen als Leitbetriebe und zentrale Arbeitgeber, ist Österreich von den anstehenden Beschlüssen dabei überproportional betroffen“, erläutert der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer.

„Grundsätzlich unterstützt die IV die klimapolitische Ambition des Green Deal, es braucht im Umkehrschluss aber treffsichere Instrumente zur Vermeidung der Verlagerung von CO2-Emissionen. In der Anpassung dieses Carbon Leakage Schutzes ist jedoch unbedingt auf Ausgewogenheit zu achten. Ein automatisches und zu rasches Auslaufen des Carbon Leakage Schutzes über Freizuteilung im ETS bei Einführung eines CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism), ohne Sicherheit und faktenbasierter Bewertung dessen, würde zu einer Senkung des bestehenden Carbon Leakage Schutzes führen – das gilt es redlichst zu vermeiden“, betont Neumayer und führt weiter aus: „Dies würde zu erheblichen Mehrbelastungen für die österreichischen Unternehmen führen – mit äußerst kritischen Auswirkungen auf Wertschöpfung und Beschäftigung – bei gleichzeitig erhöhter Klimabelastung durch Produktionsverlagerung in weniger ambitionierte Regionen.“

Mehrkosten von 8,9 Mrd. Euro bis 2035
Durch die geplante Reduktion der kostenfreien Zuteilung von Emissionszertifikaten ist mit höheren Preisen für die Güter Düngemittel, Zement, Stahl und Eisen sowie Aluminium zu rechnen. Dabei entsteht nicht nur eine direkte Kostenbelastung bei den genannten primär betroffenen Gütern, sondern auch eine indirekte Mehrbelastung für nachgelagerte Güter. Eine Studie des Industriewissenschaftlichen Instituts kommt zu dem Ergebnis, dass durch ein Ende der Freizuteilung im Jahr 2035 in Summe zusätzliche Zertifikate für Emissionen in Höhe von 12,1 Mio. Tonnen erforderlich wären, ausgehend von einem Zertifikatspreis von 90 Euro pro Tonne bei den betroffenen CBAM-Gütern verursacht das also zusätzliche direkte Kosten von 1,1 Mrd. Euro. Zusätzlich dazu belaufen sich die indirekten Mehrkosten im Jahr 2035 auf 529,4 Mio. Euro, in Summe würde die direkte und indirekte Mehrbelastung 1,62 Mrd. Euro betragen. In den Jahren 2026 bis 2035 könnten insgesamt bis zu 8,9 Mrd. Euro an direkten und indirekten Mehrkosten in der heimischen Volkswirtschaft entstehen. Folglich geht das Institut neben den negativen Auswirkungen auf die Wertschöpfung auch von negativen Effekten auf die Beschäftigung aus, so wären konkret 11.000 Arbeitsplätze direkt gefährdet, mit zu erwartenden weiteren Negativfolgen in nachgelagerten Sektoren.

„Die Einführung eines CO2-Grenzausgleichsmechanismus muss überlegt und klug vorgenommen werden. Wir sehen uns zum aktuellen Zeitpunkt jedoch noch mit zahlreichen Fragezeichen und Unsicherheiten in den beiden Schlüsseldossiers konfrontiert – bei einer solchen unvorsichtigen Einführung würden wir die Katze im Sack kaufen“, so Neumayer. „Gerade jetzt in Zeiten einer akuten Energiepreiskrise brauchen die Unternehmen Stabilität, Sicherheit und Entlastung und sicherlich keine Doppelbelastung. Wir hoffen, dass die EU-Parlamentarier dies mit Blick auf die finale Positionierung des Europäischen Parlaments im Juni in Betracht ziehen.“