Mit der heutigen Präsentation des EU-Klimaziels für 2040 verschärft die Europäische Kommission erneut ihre klimapolitischen Ambitionen – unbeirrt der aktuellen konjunkturellen Lage und ohne ausreichende industriepolitische Grundlagen zu schaffen, die für eine erfolgreiche Umsetzung notwendig wären. Die Industriellenvereinigung (IV) sieht im 90-Prozent-Ziel bis 2040 gegenüber 1990 daher eine realitätsferne Maßnahme, die den Wirtschaftsstandort Europa und die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe weiter unter Druck setzt.
„Die heutige Ankündigung seitens der Europäischen Kommission verkennt jedwede Realität in den europäischen Industriestandorten“, kritisiert IV-Vize-Generalsekretär Peter Koren. „Was fehlt, ist nicht noch mehr politischer Ehrgeiz bei Zielen, sondern der Wille zu einer diesbezüglichen faktenbasierten, standortgerechten Industriepolitik.“
Die Industriellenvereinigung warnt eindringlich davor, Klimaziele losgelöst von der Realität der Unternehmen und Märkte festzulegen. Die Gefahr von Produktionsverlagerungen in weniger regulierte Regionen – sogenanntes Carbon Leakage – nimmt stetig zu, ebenso wie der Trend zur Abwanderung von Investitionen aus Europa. Wenn Europa seine industrielle Basis schwächt, verliert es nicht nur wirtschaftlich an Bedeutung, sondern auch seinen Einfluss auf die globale Klimapolitik.
Österreichs Sonderweg massives Gold Plating ohne nennenswerten Mehrwert für das Klima
Angesichts dessen ist auch der klimapolitische Sonderweg Österreichs, bereits zehn Jahre früher als die Europäische Union klimaneutral werden zu wollen, zu überdenken. „Österreich betreibt mit dem Ziel der Klimaneutralität 2040 im europäischen Kontext massives Gold Plating und riskiert – ohne einen signifikanten Mehrwert für das Klima erkennen zu lassen – weitere substanzielle Mehrbelastungen für Industrie, Volkswirtschaft und Budget. Anstelle Musterschüler zu spielen, sollte sich Österreich für bessere europaweite klimapolitische Rahmenbedingungen einsetzen, wie etwa verstärkte Flexibilitäten zur Zielerreichung“, so Koren.
Anstatt weitere Zielmarken zu formulieren, braucht es nun eine ehrliche Bilanz der bisherigen Maßnahmen, ein klares Bekenntnis zur Technologieoffenheit und einen pragmatischen Zugang zur Transformation. Effektiver Klimaschutz kann nur funktionieren, wenn er mit wirtschaftlicher Realität in Einklang gebracht und global koordiniert wird. Andernfalls droht Europa, in einem globalen Wettbewerb um Innovation, Produktion und Wohlstand weiter zurückzufallen – mit allen negativen Folgen für Beschäftigung, Versorgungssicherheit und soziale Stabilität.
Koren abschließend: „Was Europa jetzt braucht, ist keine weitere Überbietung an Zielen, sondern eine industriepolitische Zeitenwende. Die Wettbewerbsfähigkeit muss zum Maßstab europäischer Politik werden – sonst gefährden wir nicht nur unseren Wohlstand, sondern auch die Umsetzung der Klimaziele selbst.“