Die Industrie konnte die ersten Zeichen der Erholung aus dem Frühjahr nicht in den Herbst mitnehmen – der Ausblick bleibt vorerst pessimistisch. 2025 gab es aber auch einige Lichtblicke, die für die kommenden Jahre hoffentlich Vorbildwirkung zeigen.
Düstere Stimmung – und einige Lichtblicke

2025 war das Jahr des Hoffens: Hält der Trend der leichten wirtschaftlichen Erholung, der sich im ersten Halbjahr abgezeichnet hat, an? Wird nächstes Jahr Frühlingsstimmung herrschen nach den kalten Jahren der längsten Rezession in der österreichischen Industrie seit dem Zweiten Weltkrieg? Die kurze Antwort ist: Von Aufschwung zu reden wäre jetzt verfrüht. Im Gegenteil: Zur Stagnation gesellt sich eine hartnäckige Inflation, das Resultat heißt Stagflation; mit allen bekannten Folgen: Arbeitsplatzverluste und Realeinkommenseinbußen, budgetärer Stress bei den Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen, Investitionszurückhaltung in Kombination mit einem Innovationsstau. „Wir sollten nicht einer Aufschwungsillusion unterliegen. Viele glauben, dass nach Jahren der Rezession jetzt endlich Besserung eintritt, aber die Realität spricht leider eine andere Sprache“, warnt Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV).
Das Konjunkturbarometer der IV kippt im dritten Quartal von der Nulllinie ausgehend wieder deutlich ins Negative – von plus 1,0 Punkten auf minus 5,7 Zähler. Als Alarmzeichen ist zu werten, dass diese erneute Trendumkehr auf beide Komponenten, also sowohl auf die aktuelle Lageeinschätzung als auch auf die Erwartungen an den Geschäftsverlauf in sechs Monaten, zurückzuführen ist. Die Industrie hat vorerst jede Hoffnung auf einen baldigen Aufschwung aufgegeben. „Was wir derzeit beobachten, ist keine Stabilisierung, sondern ein Stillstand unter verschärften Bedingungen. Die Industrie steht auf der Bremse, während die Kosten weiter steigen; das ist ein klassisches Stagflationsmuster“, sagt IV-Chefökonom Christian Helmenstein.
Die EU-Kommission sieht in ihrer Herbstprognose zwar kein weiteres Rezessionsjahr mehr für 2025, wie noch im Frühjahr prognostiziert – jedoch wurde der Ausblick für kommendes Jahr leicht abgesenkt, ein volles Prozent Wachstum wird sich laut Kommission nicht mehr ausgehen, sie rechnet mit 0,9 Prozent Wachstum. Das ist der drittschlechteste Wert der EU-27, nur Irland und Italien schneiden schlechter ab.
Vom eigenen Standort, aber auch vom geopolitischen Umfeld gehen nach wie vor kaum positive Impulse aus. Einzelne Maßnahmen wie das Stromkosten-Ausgleichsgesetz und die Erhöhung des Investitionsfreibetrags weisen in die richtige Richtung, Strukturreformen und Leuchtturm-Initiativen, die geeignet wären, der Erosion der Standortqualität Einhalt zu gebieten und die Investitionsstimmung zu drehen, stehen jedoch weiterhin aus. Neumayer betont: „Die Industrie steckt zwischen Stagnation und Inflation fest. Es ist höchste Zeit, dass die Politik erkennt: Ohne mutige Strukturreformen und eine Ausgabenbremse – die Staatsquote muss wieder unter 50 Prozent –, die beide Vertrauen auf Besserung schaffen, bleibt jeder Aufschwung eine Illusion.“
Geopolitische Belastungen verschärfen die Lage
Der Zollkonflikt zwischen der EU und den USA hat sich deutlich zuungunsten der europäischen Exporteure entwickelt. Zusätzlicher Druck kommt von den starken Exportanstrengungen asiatischer Länder auf dem europäischen Markt. Und auch die neue Euro-Stärke ist nicht hilfreich: Die ohnedies unter Druck stehende preisliche Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Warenexporte in den Dollarraum wird durch die Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar um rund acht Prozent binnen eines Jahres verschärft. „Die Kombination aus steigenden Preisen, schwacher Nachfrage und hoher geopolitischer Unsicherheit untergräbt Investitionen und Wachstum. Österreichs Industrie hat den Boden des Tals erreicht, aber noch keinen Weg hinaus gefunden“, fasst Helmenstein zusammen.
Weniger Aufträge sorgen für Produktionsflaute
Die Aufwertung des Euro und das neue Zollregime zwischen EU und USA hat die Auslandsaufträge laut IV-Konjunkturbarometer um elf Punkte einbrechen lassen. Der Indikator liegt nun bei minus drei Punkten. Die österreichische Industrie verliert international weiterhin Marktanteile und tut sich enorm schwer, am globalen Realwachstum – das im Jahr 2025 laut Internationalem Währungsfonds bei 3,2 Prozent liegen soll – zu partizipieren.
Auch die Gesamtauftragsbestände in der Industrie rasselten nach einer Erholung im ersten Halbjahr nun im dritten Quartal wieder in den negativen Bereich. Dieser Indikator ging im IV-Konjunkturbarometer um ganze neun Punkte abwärts auf minus fünf Zähler, was als äußerst negative Nachricht für die Absicherung der inländischen Produktionsstätten zu interpretieren ist.
Bestenfalls setzt sich die Stagnation der Industrieproduktion unverändert fort, eine substanzielle Produktionsausweitung liegt derzeit außer Reichweite. Mit möglichen Impulsen ist frühestens im Frühjahr 2026 zu rechnen. Treiber könnten eine anziehende Nachfrage im inländischen Wohnbau und eine möglicherweise höhere Nachfrage durch Infrastrukturinvestitionen in Deutschland sein.
Geringere Erträge, Stellenabbau hält an
All das schlägt auch auf die Ertragslage der Unternehmen durch. Laut Konjunkturbarometer überwiegt der Anteil der Unternehmen, die eine weitere Verschlechterung ihrer Ertragslage bis in das Jahresauftaktquartal 2026 hinein erwarten.
Die nach wie vor schwierige Lage in der Industrie ist auch für den Arbeitsmarkt keine gute Nachricht – die gedämpften Produktionserwartungen schlagen erheblich auf die Beschäftigungsaussichten durch. Der Beschäftigungssaldo verharrt unverändert auf einem Rezessionsniveau von minus 20 Punkten. Der Stellenabbau in der Industrie hält unvermindert an. Besonders beunruhigend ist der Befund, dass nur jedes achte Unternehmen eine positive Einstellungsneigung aufweist, während weiterhin zugleich jedes dritte Unternehmen angibt, Beschäftigte abbauen zu müssen.
Vier wesentliche Widrigkeiten stehen der Absicherung des Industriestandorts Österreich entgegen: Erstens die Energiekosten, zweitens die Steuer- und Abgabenbelastungen, drittens die bürokratische Überbeanspruchung und viertens die ungünstigen Lohnstückkostendynamiken. „Gegebenenfalls wäre dazu auch noch der Fachkräftemangel zu zählen – aber erst bei einem Aufschwung, der eine solche Bezeichnung auch verdient“, so Helmenstein abschließend.

