iv-news: IV-Konjunkturbarometer: Industrie-Rezession wird von Stagnationsphase abgelöst

Die Konjunkturerhebung der Industriellenvereinigung für das erste Quartal 2024 ist nach wie vor weit überwiegend von Schatten geprägt, doch ist vereinzelt etwas Licht zu erblicken. Wie schon zu den vorangehenden Quartalen befindet sich die österreichische Industrie weiterhin in der Rezession. Infolge zahlreicher fortbestehender Belastungsfaktoren nimmt diese einen hartnäckigen Verlauf – die rezente WIFO-Frühjahrprognose bestätigt diese Einschätzung, welche in einer weiteren Rücknahme der dortigen Prognose für die Entwicklung der Warenherstellung auf -1,5% zum Ausdruck kommt. Gesamtwirtschaftlich etwas gemildert wurde die Schärfe der Rezession im ersten Quartal durch beträchtliche Zuwächse bei der Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen.

„Um die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern, gibt es unterschiedliche Hebel, die man dringend betätigen sollte – dabei geht es um bereits bekannte Punkte, wie eine Erhöhung des Arbeitsvolumens, den Abbau der bürokratischen Auflagen und eine sichere und leistbare Energieversorgung“, so Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV) im Rahmen der Pressekonferenz und erklärt weiter: „die Lohnsteuer trägt einen großen Teil unseres Wohlstands und Sozialsystems. Sinkt das Arbeitsvolumen, sinken auch die Einnahmen und das bei steigenden Ausgaben. Immer weniger Menschen tragen daher eine immer größer werdende Last. Um das Arbeitsvolumen im Gesamten zu erhöhen, müssen wir daher eine Arbeitszeitverlängerung – um beispielsweise eine halbe Stunde pro Tag, also 41 Wochenarbeitsstunden – auf die Agenda setzen. Andernfalls werden wir unseren Wohlfahrtsstaat nicht erhalten können. Betrachtet man die Jahresarbeitszeit, gehört Österreich zu den Schlusslichtern weltweit. Anstrengungsloser Wohlstand ist nicht möglich.“

Darüber hinaus belastet der Bürokratie-Tsunami zunehmend die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen – europäische und nationale Vorschriften und Auflagen befassen dutzende Menschen in den Unternehmen und lähmen die Produktivität der Betriebe. Vor allem Klein- und Mittelbetriebe können diese Belastung nicht mehr stemmen. Vergangene Woche hat Enrico Letta seinen Bericht zum Binnenmarkt vorgestellt. Nun erkennen auch die EU-Staats- und Regierungschefs endlich an, dass Europa ein Problem mit der Wettbewerbsfähigkeit hat. Dies ist nicht nur ein positives Signal, sondern auch ein Arbeitsauftrag für die folgende EU-Kommission“ so Neumayer.

Die Ergebnisse der aktuellen IV-Konjunkturumfrage 

Die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage durch die Unternehmen fällt nunmehr bereits seit elf (!) Quartalen ununterbrochen schwächer aus und liegt dementsprechend weiterhin unterhalb der Nulllinie. Allerdings hat die Dynamik des Rückganges zuletzt nahezu jedes Momentum verloren, sodass der aktuelle Saldo bei -3 Punkten (nach zuvor -2 Punkten) zu liegen kommt. Bereits zum zweiten Mal gegenläufig entwickelt sich die Einschätzung der Geschäftslage in sechs Monaten, welche sich zwar deutlich verbessert, jedoch weiterhin in negativem Terrain verbleibt. Bei einem Saldo von -4 Punkten nähert sich der Indikator aber zumindest rasch der Nulllinie an und weist den geringstnegativen Wert seit acht Quartalen aus.

Bei der Teilkomponente der Geschäftsaussichten mit einem Horizont von sechs Monaten erwarten 17% der Respondenten weiterhin ein schrumpfendes Geschäftsvolumen auf Sicht des nächsten Halbjahres. Dieser nach wie vor beträchtliche Anteil der Unternehmen, die sich mit einer anhaltend rezessiven Dynamik konfrontiert sehen, hat sich damit gegenüber dem Wert zum Jahreswechsel 2023/2024 jedoch mehr als halbiert, betrug er doch seinerzeit 37%. Allerdings hat sich der Anteil der Unternehmen mit Expansionsperspektive keineswegs im Gleichschritt erhöht, sondern erreicht lediglich einen Anteil von 13% aller Respondenten. Das Gros der Unternehmen – 70% – erwartet vielmehr eine stagnative Entwicklung.

Auf der Ebene der Erzeugerpreise läuft das deflatorische Szenario, wie zum letzten Termin bereits avisiert, trotz einer zunehmenden Unterauslastung der Produktionskapazitäten aus. Die Industrieunternehmen sind gehalten, die weiterhin hohe und nach wie vor zunehmende Kostenbelastung zumindest teilweise auf die Preise zu überwälzen, sodass der Saldo von -11 Punkten auf -3 Punkte zulegt. Von der Industriegüterkomponente geht daher im Vergleich zur Dienstleistungskomponente wie schon während der vorangegangenen Quartale zwar noch ein preisniveaustabilisierender Effekt aus, aber ihr disinflatorischer Charakter schwächt sich allmählich ab. Die weitere Dynamik der Verbraucherpreise in Österreich hängt dementsprechend immer stärker davon ab, ob und in welchem Ausmaß auch der Dienstleistungssektor in den kommenden Quartalen einen der Geldwertstabilität förderlichen Beitrag in seinen Preisgestaltungen erbringt. Wenn nicht, wird sich die Rückführung der österreichischen Inflationsrate auf ein stabilitätskonformes Niveau äußerst schwierig gestalten und erst durch eine jahrelange Underperformance der betreffenden Branchen des Dienstleistungssektors zu bewerkstelligen sein.

Die Vielzahl der konjunkturellen Störfaktoren belastet die aktuelle Ertragslage der Unternehmen in gesamthafter Betrachtung in ausgeprägter Weise. Bei einem Saldo von -11 Punkten (nach zuvor -1 Punkt) berichtet nahezu ein Drittel der Unternehmen von einer dezidiert schlechten, jedes fünfte Unternehmen hingegen von einer guten Ertragslage. Auf Sicht von sechs Monaten erwarten 22% der Unternehmen weitere Ertragseinbußen, während 13% der Unternehmen mit einer Verbesserung der Ertragslage rechnen. Dementsprechend stellt sich der Saldo der Ertragserwartungen auf -9 Punkte nach zuvor -27 Punkten.

Die IV-Konjunkturumfrage: Zur Befragungsmethode 

An der jüngsten Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung beteiligten sich 387 Unternehmen mit rund 293.800 Beschäftigten. Bei der Konjunkturumfrage der IV kommt folgende Methode zur Anwendung: Den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der konjunktursensible „Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet.